Sonntag, 16. Februar 2014

Woran erkennt man Misserfolg im Coaching



Ich habe bei Recherchen im Internet zum Thema Coaching eine Bachelor-Arbeit von Dr. phil. Christine Seiger gefunden. Das Thema ist


Misserfolg im Coaching  aus der Sicht von Coachs



Die Arbeit befasst sich damit, ob und woran man Misserfolge beim Coaching erkennen und messen kann.

Richtig erkannt hat Frau Seiger, dass es zum Begriff Coaching unendlich viele Definitionen und Kontext-Bezüge gibt. Der Sinn der Arbeit ist - aus meiner Sicht - ansonsten aber zumindest diskutierwürdig. Vielleicht muss man ja nicht alles messen können. 


Coaching ist eine Methode um Menschen zu helfen sich selbst zu helfen. Da stimmen mir sogar die NLP-Begeisterten Berater-‚Coaches‘ (so nenne ich sie) zu. Die Menschen die Hilfe suchen nennt man im Zusammenhang mit Coaching Coachee


Es gibt in einem Coaching also immer einen ganz spezifischen Faktor: Der/die Coachee. Die Person, die sich vom Coach und seiner Arbeit Hilfe erhofft. Um hier Hilfe zu bekommen, muss der/die Coachee wissen, welches Thema er/sie bearbeiten will - da haben wir auch schon den zweiten Faktor. Alleine diese beiden Faktoren obliegen nicht dem Einfluss des Coach. Das ist so gewollt und gut so. Sonst hätten wir ja auch kein Coaching sondern irgendwas anderes. Ein weiterer Faktor, der hinzukommt ist die Fähigkeit und der Wille des Coachee, sich dem Coach und auch sich selbst gegenüber zu öffnen. Wenn es hier Hemmnisse gibt, ist der Erfolg des Coachings fragwürdig bis unmöglich. Aber ist es darum möglich und sinnvoll keinen Erfolg des aktuellen Coachings hier gleichzusetzen mit Misserfolg des Coachings? Dazu später mehr.


Coaching gibt es in vielfältigen Methoden in Kombination mit den verschiedensten Praktiken aus der Psychologie und den Beratungs- und Lern- und Organisationsvorgehensweisen. Viele davon verdienen - meiner Auffassung nach - die Bezeichnung Coaching nicht, da sie eine Mischform darstellen und bei genauerer Betrachtung in Ihrer Erklärung immer ihrer eigenen Definition dem Coachingbegriff widersprechen. Ein ganz besonderes Beispiel ist hier NLP. Sicher eine bereichsweise sinnvolle und wirksame Methode Menschen zu etwas zu verhelfen, was diese in irgendeinem Zusammenhang anstreben. Aber Coaching ist es selbst nach der NLP-eigenen Definition nicht. Trotzdem nennen sich viele NLP-Berater, NLP-Coach.


Was macht eigentlich Misserfolg von was auch immer aus? Mit Misserfolg verbindet man die Worte Versagen, Fehlschlag, Disaster, Niederlage. Es ist hier also ein Verursacherprinzip aufgeführt, was aussagt, dass was auch immer, nicht erfolgreich war. Das kann man genau definieren bei z.B. dem Versuch mit einem Fluggerät den Mond zu erreichen. Denn hier gibt es einen genau messbaren Erfolgsfaktor: Landung auf dem Mond mit einem Fluggerät. Kommt man nicht auf dem Mond an, kann man von einem Misserfolg sprechen. Auch wenn man andere Erkenntnisse beim Flug zum Mond gewinnt, aber nicht dort ankommt, ist es ein messbarer „Nichterfolg“ des Vorhabens - ein Misserfolg.


Zurück zum Coaching. Was könnte denn ein Misserfolg im Coaching sein? Ist es ein Misserfolg, wenn die zu coachende Person den Coach nicht mag oder ihm/ihr kein Vertrauen entgegenbringen kann/will? Ich denke Nein. Denn persönliche Ressentiments haben mit dem eigentlichen Coachingprozess ja nichts zu tun. Sie sind ein Nebeneffekt, der tunlichst vor dem eigentlichen Coaching festgestellt werden sollte. Stellt man das im Prozess selber fest, sagt das auch dann nichts über den Erfolg des Coachings als solches aus. Lediglich darüber, dass man nicht miteinander arbeiten kann oder will. Diese Erkenntnis ist für mich sogar ein Erfolg, denn der folgerichtige Abbruch des Coachings bringt die Chance mit einem anderen Coach sein Anliegen bewältigen zu können. Wahrscheinlich hätte das Coaching bei weiterführen sogar ein schlechteres Ergebnis gebracht.


Ist es ein Misserfolg des Coachings, wenn der/die Coachee plötzlich feststellt, dass das gewählte Thema nicht weiterverfolgt werden soll, weil die Themenwahl sich als unrichtig erwiesen hat und darum zu diesem Thema das Coaching abgebrochen werden soll? Auch hier eine klare Antwort: Nein. Die Erkenntnis, dass eine Themenwahl falsch ist, kann sogar Erfolg des abgebrochenen Coachings sein, da der/die Coachee die Erkenntnis getroffen hat, dass etwas ganz anders bearbeitet werden muss und etwas ganz anderes als das gedachte Thema wichtig ist.

Wie sieht es denn aus, wenn ein Thema bearbeitet wurde, ein Ziel definiert und Vorgehensweisen erarbeitet aber im Endeffekt dann doch nicht erreicht wurden. War dann das Coaching ein Misserfolg? Die Antwort - logisch - lautet wieder Nein. Wir Menschen neigen dazu, Situationen und unsere Umgebung, unsere Strebungen und Blockaden zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich zu bewerten. Ich nehme als Beispiel das Coaching Thema „Führerscheinerwerb“. Da ist ein Coachee, der will Autofahren lernen. Es gab bislang Hindernisse die angeschaut und bewältigt werden sollen. Am Ende des Coachings steht ein Handlungsplan, der dem Coachee beim Erwerb des Führerscheins unterstützt und auch aus Sicht des Coachee durchsetzbar ist. Während der Fahrstunden aber merkt der Coachee, dass er Autofahren überhaupt nicht mag. Er sogar Angst davor hat, ein Auto im Straßenverkehr zu bewegen. Von dieser Angst wusste er beim Coaching überhaupt nichts, es deutete auch nichts drauf hin, weil Fahrradfahren auf der Straße oder mitfahren bei Bekannten, Freunden, Verwandten nie ein Problem war und nach wie vor keins ist. Der Coachee erwirbt nun den Führerschein nicht wie ursprünglich gewünscht. Ist deshalb das Coaching ein Misserfolg?


Gerade im Leben eines Menschen gibt es tagtäglich Veränderungen, die zum Teil von außen und zum Teil von uns selbst verursacht sind. Die Veränderungen sind möglicherweise elementar. Und sie haben Einfluss auf getroffene und zu treffende Entscheidungen -  immer und immer wieder. Coaching ist eine Möglichkeit mit diesen Änderungen bewusst und gezielt umzugehen. Sie zu bewältigen aber auch zu erkennen, dass sie nicht bewältigungs- oder änderungswert sind. Darum kann es im Coaching keine Misserfolge geben. Es kann wirkungslos sein - aus vielfältigen Gründen. Misserfolg würde dann aber bedeuten, dass der Coach schlecht arbeitet. Das aber ist aus einem wirkungslosen Coaching nicht ableitbar - wegen eben der vielfältigen Faktoren die in einer anderen Konstellation bei genau demselben Vorgehen ein wirkungsvolles Coaching ergeben können. 

Deshalb ist es Unsinn sich damit zu beschäftigen wie man Misserfolg – als Coach – im Coaching vermeiden kann. In dem Moment wo der Coach sich Gedanken darüber macht, ob er misserfolgreich sein kann, unternimmt er Schritte um Misserfolge zu vermeiden. Ein wertbarer Misserfolg wäre ja, dass der/die Coachee das Thema nicht bewältigt oder ein Ziel, einen Änderungswunsch nicht umsetzt. Wenn der Coach nun Zielerreichung, Bewältigung des Änderungswunsches oder Themabewältigung als Erfolg betrachtet, müsste er in die Entscheidungen des Coachee eingreifen um seinen eigenen Erfolg gegebenenfalls zu sichern. Coaching ist aber genau das Gegenteil von Eingreifen. Coaching ist begleiten und vor allem Menschen bei Ihrem Tun, Denken, Fühlen in der Form zu unterstützen, dass sie vertrauen, dass ihrs das für sie richtige ist – unabhängig davon, was andere - auch der Coach - davon halten könnten. So gesehen gibt es für einen Coach tatsächlich nur einen Misserfolg: Der Coach ist nicht in der Lage dem/der Coachee zu vermitteln, dass die Lösung in einem selbst liegt. Alles andere wie nicht einhalten des Prozesses, stellen falscher Hypothesen, anbieten ungeeigneter Refextionsangebote führen zu einem nicht erreichen von Zielen, nicht bewältigen von Änderungswünschen usw., 

Hier ist aber nicht von Misserfolg eines Coachings auszugehen, sondern vom Versagen des Coach im Ganzen.
Bei einer Operation, die von einem Arzt der nicht operieren kann durchgeführt wird und die schiefgeht spricht man ja auch nicht von Misserfolg. Um Misserfolg haben zu können, müsste Erfolg ja zumindest möglich gewesen sein. In beiden o.g. Fällen ist dies aber nicht der Fall. 

Somit bildet sich die These, ein Coach ist unfehlbar und verantwortet somit auch nichts? Die Antwort lautet – schon wieder - Nein.

Im Coaching muss der Coach darauf achten, dass der/die Coachee die selbsterkannten Zusammenhänge in seinem Thema und die selbsterkannten und ihm/ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen findet und nutzen kann. Dazu bedient sich der Coach eines Prozesses, Reflexionsmöglichkeiten, Interventionsmethoden usw. usw.. Diese Hilfsmittel werden aus wissenschaftlich überprüfbaren Gegebenheiten abgeleitet und aus durch den Coach gestellten Hypothesen dem/der Coachee sinn- und zusammenhangsbehaftet zur Verfügung gestellt. Hier wird ein Coach der sein Handwerk nicht beherrscht möglicherweise keine oder die falschen Hilfen anbieten vielleicht auch zum falschen Zeitpunkt. In solch einem Fall ist das Coaching aber kein Misserfolg, sondern der Coach schlicht unfähig.


Um einen Coach zu finden der hilft, ist also nicht die Frage wichtig, was ist für den Coach Misserfolg sein kann, sondern woran erkennt man, ob ein Coach meinen Erfolg ermöglichen kann.

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